Leistungsverweigerung durch PKV

Immer häufiger berichten uns Patienten, Ihnen sei eine volle Kostenübernahme für eingereichte Honorarrechnungen abgelehnt worden. Als Begründung für die Ablehnung der vollen Erstattung wird jeweils – unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Honorarforderung – eine angebliche Überhöhung derselben vorgebracht. Lediglich Honorare bis zur Höhe der Beihilfesätze für Versicherte des öffentlichen Dienstes bleiben unbeanstandet.

Waren es früher noch Versicherungsgesellschaften, die ohnehin den Ruf einer schlechten Zahlungsmoral genießen, bedienen sich nun immer mehr Gesellschaften dieser fragwürdigen Geschäftspraktiken. Da sich die einzelnen Versicherer gegenüber Ihren Kunden, unseren Patienten, stets der gleichen Argumente, bis hin zur identischen Wortwahl in ihrer Korrespondenz bedienen, kann von einer abgesprochenen Politik dieser Gesellschaften ausgegangen werden. Mit Scheinargumenten wird bei den Kunden der Eindruck erweckt, unberechtigte Kürzungen der Kostenerstattung seien legitim. Die einzelnen privaten Versicherungsgesellschaften spekulieren (leider allzu oft mit Erfolg) darauf, dass ihre Kunden vor einer – zumeist erfolgversprechenden – Einschaltung ihres Rechtsanwaltes zurückschrecken. Möglicherweise hoffen sie gar darauf, dass ihre Kundschaft angesichts unzumutbarer Eigenbeteiligungen freiwillig auf langwierigere Therapiemaßnahmen verzichtet. Dieser Eindruck drängt sich förmlich auf, da es vor allem ältere und chronisch kranke Patienten sind, die regelmäßig von Erstattungsproblemen mit ihrer PKV berichten.

Dies läßt sich nicht leicht beantworten, da die Kalkulation eines Behandlungshonorars von zahlreichen Faktoren abhängig ist. Über welche Qualifikation oder ggf. Weiterbildung verfügt der Behandler? Welche Behandlungszeit wird für die einzelnen Behandlungen aufgewendet? Verfügt die Praxis über eine zeitgemäße Ausstattung? Beschäftigt die Praxis Sprechstundenhilfen, die einen reibungslosen Ablauf der Behandlung ermöglichen? In welchem Umfang investiert der Behandler Zeit (und Geld) in seine Fort- und Weiterbildung?
Es steht daher jedem Therapeuten frei, mit seinen Patienten individuelle Vereinbarungen über die Höhe des Behandlungshonorars zu treffen und selbst zu entscheiden, welchen Leistungsumfang er seinen Patienten für das von ihm geforderte Honorar zukommen läßt.

Leider existieren in Deutschland keine Verzeichnisse, in welchen Physiotherapie-Praxen nach diesen und anderen objektiven Kriterien beurteilt werden. Bei den umliegenden europäischen Nachbarn sind derartige Kataloge bereits seit einigen Jahren vorhanden. Sie bieten daher für in Deutschland tätige Therapeuten zumindest einen Anhaltspunkt für das zu kalkulierende Honorar. Nach diesen Verzeichnissen ist für eine durchschnittliche orthopädische / chirurgische Behandlung eine Mindestbehandlungszeit von 25 Minuten erforderlich. Für neurologische Behandlungen ist ein höherer Zeitaufwand zu veranschlagen. Darüber hinaus sind ca. 10 Minuten pro Behandlung für Nebentätigkeiten, Befunderhebung, Dokumentation, Telefonate mit Ärzten, Abrechnung der Leistung und ein prozentualer Anteil für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zu kalkulieren. Natürlich können diese ausländischen Verzeichnisse für Deutschland keine rechtsbindende Wirkung haben. Sie sind daher allenfalls als Grundvergleichsmöglichkeit geeignet.

Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung – getrennt nach Primärkassen (RVO) und Ersatzkassen (VdAK) – und den Unfallversicherungsträgern existieren durchweg einheitliche Behandlungsbeschreibungen und vergleichbare Tarifverträge. Da diese für die Mehrheit der von uns durchgeführten Behandlungen rechtsbindende Wirkung haben, können sie zumindest als weitere Vergleichsmöglichkeit neben den ausländischen Verzeichnissen herangezogen werden.

Für Privatpatienten existiert das Verzeichnis der beihilfefähigen Höchstbeträge, die jedoch lediglich hinsichtlich des jeweiligen Erstattungsverhältnisses zwischen dem Beihilfeberechtigten und dessen Dienstherr von Bedeutung sind. Zieht man in Betracht, dass die Beihilfe-Sätze, nachdem sie über neun Jahre auf dem Stand von 1992 eingefroren waren, nicht einmal an die laufende Inflation angepaßt wurden, wird offenkundig, welchen Stellenwert diese bei der Ermittlung eines angemessenen Honorars wohl haben können.

Die Gebührenordnung für Ärzte scheidet als Vergleichsgrundlage aus, weil sie als amtliche Gebührenordnung ausschließlich für die Berufsgruppe der Ärzte Gültigkeit hat.

Zum Schluß gibt es noch Vergleichsmöglichkeiten mit den üblichen Honoraren anderer medizinischer Berufsgruppen, sofern sie über vergleichbare fachliche Qualifikation, vergleichbare berufliche Stellung im Gesundheitswesen, vergleichbare Aufgaben und vergleichbare Praxiskosten verfügen. Speziell kann hier an die Berufsgruppen der Ergotherapeuten und Logopäden gedacht werden.

Da für den Bereich der privatversicherten Patienten keine einheitlichen Tarifverträge existieren, hat sich auch in der Physiotherapie bislang die Verfahrensweise der Ärzte bewährt, aktive therapeutische Maßnahmen generell mit dem 2,3-fachen, technische Zusatzleistungen mit dem 1,8-fachen VdAK-Satz zu berechnen. Diese Vorgehensweise wurde von mehreren Gerichten in der ersten und zweiten Instanz bestätigt. Sie steht jedoch zunehmend in der Kritik der Versicherungsgesellschaften, weil damit nach deren Auffassung zu hohe Honorare entstehen würden. Inzwischen wird sie daher von Physiotherapeuten – so auch von uns – als oberste Grenze ihres Honorars angesehen.
Eine andere Verfahrensweise besteht darin, dass man die Leistungsbeschreibungen der Mehrzahl der Patienten, der Kassenpatienten, für die Honorarberechnung zu Grunde legt. Hier findet man auch ausdrücklich festgelegte Behandlungszeiten. Feste Behandlungszeiten findet man gleichfalls in den Verzeichnissen der beihilfefähigen Höchstbeträge. Da ein Großteil der Privatpatienten beihilfeberechtigt ist, scheinen sich diese Verzeichnisse ebenfalls als Grundlage anzubieten. Hier fangen aber auch die ersten Schwierigkeiten an. Die festgelegten Behandlungszeiten weichen sehr stark voneinander ab, so dass es zunächst erforderlich ist, aus allen Verzeichnissen einen Minutenpreis (das Verfahren der Minutenpreise ist in Verhandlungen um die Kassensätze üblich) zu errechnen. Diese möchten wir beispielhaft für die Leistungs-Position “Manuelle Therapie” erläutern, weil dieser Position in den Preislisten der Beihilfe ausdrücklich ein Zeitfaktor (in diesem Fall eine Mindestbehandlungszeit von 30 Minuten zugeordnet ist. Bitte klicken Sie HIER um zur Übersichtstabelle der Minutenpreise zu gelangen.

Wie Sie bereits sehen können, liegen die Beihilfe-Sätze für “Manuelle Therapie” bei objektiver Betrachtung nicht nur erheblich unterhalb der Kassensätze sondern – bei gleicher Arbeitszeitleistung – über 25 % (bei normaler Krankengymnastik sogar fast 39%!) unterhalb der Honorare für Ergotherapeuten und Logopäden! Sogar das Bundesministerium des Inneren gibt daher in seiner offiziellen Presseerklärung vom 07.02.2004 zu erkennen, dass die sog. Höchstbeträge der Beihilfesätze für Heilmittel (hierzu zählt auch die Physiotherapie) nicht kostendeckend seien. Sie werden also sicher verstehen, dass diese anerkanntermaßen nicht kostendeckenden Beihilfesätze unter keinen Umständen als angemessenes Honorar für unsere Leistungen herhalten können. Es ist daher zunächst erforderlich zu ermitteln, was nun eigentlich eine angemessene Behandlungszeit ist. Unter Heranziehung der internationalen physiotherapeutischen Erkenntnisse und anderer medizinischer Gründe, halten wir (und die meisten unserer Kollegen) durchschnittlich 30 Minuten für vernünftig. Nach unseren Erkenntnissen entspricht dies ebenfalls einer medizinisch-wirtschaftlich akzeptablen Behandlungszeit.

Wir multiplizieren daher zunächst den VdAK-Preis (der Bundesweit Gültigkeit hat und im Mittelfeld der Gebühren liegt) mit 30 Minuten. Dies ergibt, unterstellt man eine Behandlungsdauer von 20 Minuten, ein Honorar von EUR 21,01. Hiermit ist jedoch lediglich eine Angleichung an die Kassensätze erfolgt. Damit das angemessene Honorar für einen Privatpatienten ermittelt werden kann, wird in der Rechtsprechung mehrfach die Auffassung vertreten, dass Privatsätze bis zu 50 % über Kassensätzen liegen dürfen. Diese Berechnung weist ein Privathonorar von EUR 31,52 für die Position “Manuelle Therapie” aus. Im Vergleich hierzu ist die bisherige Berechnung in Höhe des 2,3-fachen VdAK-Satzes (= EUR 36,25), wie sie in der Rechtsprechung anderer Gerichte befürwortet wird, nur geringfügig höher.

Würde man die gleiche Berechnung mit der im VdAK-Bereich tatsächlich nur vorgeschriebenen Behandlungsdauer von 15 Minuten vornehmen, ergäbe dies eine Anpassung auf EUR 31,52 für eine 30minütige Behandlungszeit, woraus sich ein Privathonorar in Höhe von EUR 47,28 errechnen würde. Für uns persönlich stellt dies jedoch nur eine sehr theoretische Berechnungsgrundlage dar.  Wir vertreten die Meinung, dass sich mit einer Behandlungszeit von lediglich 15 Minuten keine zeitgemäße und effektive physiotherapeutische Behandlung nach aktuellem Stand der Medizin durchführen läßt, wenngleich die Honorare der gesetzlichen Krankenkassen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten kaum eine längere Behandlungszeit rechtfertigen können!

Schlußfolgernd können wir also festhalten, dass Honorare für die Position “Manuelle Therapie”, die sich unterhalb der Grenze von EUR 36,25 für eine 30minütige Behandlungszeit bewegen, als absolut angemessen gelten können.

Um dies zu verstehen, muß man wissen, dass der größte Berufsverband der Physiotherapeuten, der Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten (ZVK) e.V., jahrelang von Krankengymnastinnen dominiert wurde, die selbst überwiegend im Angestelltenverhältnis tätig waren und keinerlei Ahnung von betriebswirtschaftlichen Fragen hatten, die etwa bei der Kostenkalkulation einer Physiotherapiepraxis zu beachten wären. Diesen Damen war es womöglich auch herzlich egal, wie hoch das Honorar für ihre wenigen selbständigen Kolleginnen und Kollegen ausfiel. Seinerzeit galt bei vielen dieser “Kolleginnen” auch die linksideologische Forderung als politisch korrekt, Selbständige dürften keinesfalls mehr als Angestellte verdienen!

Angesichts dieser Situation hatten die Krankenkassen leichtes Spiel, ihre schon damals lächerlichen Honorare für selbständige Krankengymnastinnen in den Verhandlungen mit den Vertreterinnen dieses Berufsverbandes zu zementieren. Seither hat sich an den Honoraren für uns Physiotherapeuten nichts geändert, im Gegenteil, blieben doch die gelegentlichen Tarifanpassungen grundsätzlich deutlich hinter der tatsächlichen Inflationsrate zurück. Für die Zeit zwischen 1998 und 2008 betrug die Gesamtanpassung unserer Honorare (trotz Euro-Einführung und Erhöhung der MwSt. auf 19%) nicht einmal 4%. Den Physiotherapeuten in Hessen ging es hierbei noch schlechter, weil sie in mehreren Verhandlungsrunden von der Hessischen “Gesundheitskasse” AOK regelrecht über den Tisch gezogen und noch erheblich unter die Erstattungssätze der Ersatzkassen gepreßt wurden.

Im Gegensatz zu den Physiotherapeuten ist es den Ergotherapeuten und Logopäden offensichtlich besser gelungen, angemessene Gehaltsvorstellungen in den Verhandlungen mit den Krankenkassen durchzusetzen. Angesichts der geringen Zahl niedergelassener Therapeuten bewegt sich das Gesamtvolumen der entsprechenden Honoraraufwendungen allerdings in einer derart niedrigen Größenordnung, dass die Krankenkassen hier offensichtlich eher zu Zugeständnissen bereit waren.

Um es vorweg zu nehmen: In Unkenntnis der Rechtslage werden in der Regel von Physiotherapeuten eher viel zu geringe Honorare berechnet. Überzogene Honorarforderungen sind so gut wie unbekannt. Da wir Physiotherapeuten als Angehörige eines Heilberufes mit staatlich geregelter Ausbildung gegenüber unseren Patienten nicht als Wunderheiler auftreten, erheben wir auch nicht den Anspruch auf außergewöhnlich hohe Vergütung für die von uns erbrachten Leistungen, wie dies beispielsweise bei Anwendern der Dorn-Methode häufig der Fall ist. Solange sich das Honorar für eine physiotherapeutische Behandlung innerhalb der oben genannten Größenordnung bewegt, kann von einer angemessenen Höhe ausgegangen werden.

Ja. Einige Praxisbetreiberinnen beschränken sich deswegen auf den Beihilfesatz, weil sie es einfach leid sind, sich permanent für die Höhe ihrer Honorarforderungen rechtfertigen zu müssen, nachdem ihren Patienten die volle Kostenerstattung abgelehnt wurde. Andere Kolleg innen glauben, mehr Privatpatienten dazu bewegen zu können, ihre Dienste in Anspruch zu nehmen, in dem sie eben hierfür den niedrigstmöglichen Preis berechnen. Diese Kolleginnen gehen jedoch von der falschen Annahme aus, dass sich der Privatpatient seinen Behandler nach der Höhe des Honorars und nicht nach der fachlichen Qualifikation aussucht.

Um ihre Praxis unter diesen Gesichtspunkten dennoch rentabel führen zu können, machen viele dieser Kolleg innen Zugeständnisse an anderer Stelle. Vielfach drückt sich dies in äußerst knapp bemessenen Behandlungszeittakten aus, so dass in der gleichen Zeit eben mehr Patienten behandelt werden können, als in den “teuren” Praxen. Nicht wenige Praxen verzichten aus Kostengründen gleichfalls auf die Beschäftigung einer Sprechstundenhilfe, kostspielige Fortbildungsmaßnahmen oder eine zeitgemäße Praxisausstattung, um ihre Fixkosten niedrig zu halten. Manche Praxisbetreiberinnen nutzen auch die gegenwärtige Situation am Arbeitsmarkt aus und sparen am Gehalt ihrer Angestellten oder der Unterstützung von deren Weiterbildungsmaßnahmen.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Praxen, die von Hausfrauen als Nebenerwerb im eigenen Haushalt, quasi im Hobbykeller betrieben werden. Diese Kolleginnen arbeiten in der Regel ohne Kassenzulassung, da sie selbst die Mindeststandards der gesetzlichen Krankenkassen nicht erfüllen. Die Betreiberinnen solcher Praxen müssen sich keine Gedanken über die Rentabilität ihrer Praxis machen, da sie so gut wie keine nennenswerten Fixkosten haben. Auch scheinen viele dieser Kolleginnen ihr Einkommen eher als Aufbesserung des Haushaltsgeldes denn als Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu begreifen. Nur so ist es zu erklären, dass gerade diese Kolleginnen sich in aller Regel bei ihren Honorarforderungen auf die Beihilfesätze beschränken, diese teilweise sogar noch unterschreiten. Als Maßstab für die Berechnung eines Angemessenen Behandlungshonorars können diese Kolleginnen natürlich nicht herangezogen werden. Gerade die Privatversicherer ziehen jedoch die Honorarforderungen dieser Kolleginnen gern zum Beweis für Ihre These heran, andere Physiotherapeuten seien zu teuer.

Dass sich auch bei niedrigster Preiskalkulation noch ordentliche Honorare erzielen lassen, wurde mir von einer “gestandenen” Kollegin letztens unter die Nase gerieben. Einer privatversicherten Patientin meiner Praxis wurde die Kopie einer Honorarrechnung dieser Kollegin zur Verfügung gestellt, in der diese für eine “Krankengymnastik auf neurophysiologischer Basis” sogar weniger als den üblichen Kassensatz berechnet hat. Diese Rechnung sollte als Beweis dafür herhalten, dass ich mit meiner Honorarforderung zu teuer wäre. Natürlich konnte ich es mir nicht nehmen lassen, diese Kollegin zu fragen, wie sie mit derart niedrigen Honorarsätzen überhaupt ihren Lebensunterhalt bestreiten könne. Die Erklärung der Kollegin hat mich dann freilich umgehauen, da sie mir freimütig eingestand, dass die mit ihr “kooperierenden” Ärzte grundsätzlich eine zusätzliche Fangopackung verordnen, die den Patienten zwar berechnet, nicht aber verabreicht wird. Zu dieser Form des Abrechnungsbetruges wollte mich diese Kollegin sogar noch ausdrücklich ermuntern, um ein möglichst hohes Honorar erzielen zu können, ohne sich mit nörgelnden Patienten auseinandersetzen zu müssen, denen die Erstattung gekürzt wurde! Dass die fragliche Kollegin aufgrund fehlender Ausbildung nicht einmal die Qualifikation besitzt, “Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage” überhaupt durchzuführen, sei hier nur am Rande erwähnt.

Die extremste Form “rationellen” Arbeitens wird dort betrieben, wo mehrere Patienten gleichzeitig innerhalb eines Termins normaler Länge zu größeren Gruppen zusammengefaßt werden. Diese fragwürdige Methodik, die schon allein das Wort “Behandlung” ad absurdum führt, ist aber äußerst selten.

Dass aus den o.g. Gründen teilweise erhebliche Unterschiede in Art und Umfang der Therapieleistungen zu beobachten sind, ist selbstverständlich. Da allerdings bei weniger effektiver Therapie insgesamt mehr Therapieeinheiten notwendig sein dürften, relativiert sich ein scheinbarer Preisvorteil möglicherweise bei der Betrachtung der Gesamtkosten, die bis zum Abschluß einer Behandlung anfallen dürften.

Spätestens seit Ausstrahlung des ARD-Ratgebers “plusminus” Anfang Dezember 2003 wissen wir um den wahren Grund der schlechten Zahlungsmoral vieler Versicherungsgesellschaften. Dieser ist darin zu sehen – so der Tenor der ARD-Sendung – dass Rücklagen aus Beitragseinnahmen durch die Manager der Versicherungsgesellschaften in großem Stil an der Börse regelrecht verspielt wurden. Die Kapitaldecke, die eigentlich der Sicherung der Leistungsversorgung der Versicherungsnehmer zu dienen hat, wurde der unersättlichen Profitgier der Aktionäre und verantwortlichen Entscheidungsträger geopfert. Nachdem die Karre also sprichwörtlich vor die Wand gefahren wurde, versuchen die Versicherungsgesellschaften nun mit allen Mitteln, den entstandenen Schaden auf die an dieser Situation unschuldigen Versicherten abzuwälzen. So werden Beitragserhöhungen unter Verweis auf angebliche Kostenexplosionen im Gesundheitswesen durchgeboxt und Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten und Masseure, deren Honorarforderungen zuvor unbeanstandet blieben, als (wenngleich mit anderen Worten) Halsabschneider difamiert.

D ie Versicherungsgesellschaften arbeiten primär gewinnorientiert, schließlich wollen die Aktionäre der Gesellschaft zufriedengestellt werden. Der Kunde ist König – solange er die Leistungen seiner Versicherungspolice so wenig wie möglich oder überhaupt nicht in Anspruch nimmt. Da anerkanntermaßen auch bei den privaten Krankenversicherern die Notwendigkeit zum sparen gegeben ist, versuchen diese das natürlich immer dort, wo keine eindeutigen vertraglichen Anspruchsgrundlagen für ihre Versicherten vorhanden sind. Dieses ist z.B. im Bereich der Heilberufe mangels verbindlicher Tarifsätze der Fall.

Natürlich vergessen auch einige Privatversicherte, dass sie u. U. aus Kostengründen eine Police ohne vollständigen Erstattungsanspruch abgeschlossen haben. Im Krankheitsfall könnte sich diese vermeintliche Einsparung jedoch schnell ins Gegenteil verkehren.

Von einzelnen Versicherungen wird gern die Bereitschaft signalisiert, Rechnungen bis zur Höhe des ortsüblichen Satzes voll zu übernehmen. Im gleichen Atemzug präsentieren diese Gesellschaften ihren Kunden den Beihilfesatz als ortsüblich. Dabei bleiben sie jedoch den Nachweis schuldig, wie sie diese “Ortsüblichkeit” ermittelt haben wollen. Tatsächlich liegt der durchschnittliche Honorarsatz für die Region unserer Praxis, etwa beim 2,0-fachen VdAK-Satz. Das Argument der Versicherungsgesellschaft, dass die Beihilfesätze (diese liegen z.T. soger unter den üblichen Kassensätzen) für unsere Region als ortsüblich zu betrachten sind, ist daher bei näherer Betrachtung nicht stichhaltig und auch juristisch nicht haltbar.

Im Prinzip nein. Es wird in der Praxis jedoch oft zwischen freiwillig privatversicherten Patienten und privatversicherten Angehörigen des öffentlichen Dienstes differenziert. Letztere haben einerseits Anspruch auf Leistungserstattung durch eine Beihilfestelle und andererseits die Möglichkeit, mittels einer zusätzlichen Privatversicherung das Risiko erhöhter Eigenanteile an ihren Gesundheitsaufwendungen abzudecken. Die von der Beihilfestelle erstatteten Beträge stellen also nur einen Teilbetrag der Summe dar, welcher Privatpatienten des öffentlichen Dienstes erstattet wird. Beamte ohne jegliche Zusatzversicherung müssen demnach mit nicht unerheblichen Eigenanteilen an ihren Behandlungskosten rechnen, wenn ihr Behandler nicht zu einem Verzicht auf einen großen Teil des ihm zustehenden Honorars bereit sein sollte. Mann unterstellt jedoch, dass diejenigen Beamten, welche keine zusätzliche Privatversicherung abgeschlossen haben, Rücklagen für entsprechende Fälle gebildet haben, da sie über mögliche Risiken ihrer Unterversicherung informiert sein dürften.

Das Risiko einer derartigen Eigenbeteiligung trägt der freiwillig privatversicherte Patient nicht, sofern er nicht bewußt eine Police mit sehr hoher Eigenbeteiligung abgeschlossen hat. Da ihm, im Vergleich zu einem Beamten mit vergleichbarem Einkommen, erheblich höhere Versicherungsbeiträge berechnet werden, darf er erforderlichenfalls auf eine volle Kostenerstattung für seine diesbezüglichen Aufwendungen im Rahmen angemessener Honorarforderungen vertrauen.

Wie bereits erwähnt, versuchen einige Versicherungsgesellschaften jedoch, ihren Kunden weiszumachen, dass es sich bei den Beihilfesätzen um rechtsverbindliche Sätze für eine Vollerstattung handeln würde, die uneingeschränkt gleichfalls auf den Kreis ihrer freiwillig privatversicherten Kundschaft anwendbar sei. Gleichzeitig versuchen die gleichen Versicherungsgesellschaften, Beamte zum Abschluß von Versicherungsverträgen zu gewinnen, mit denen diese den Anspruch auf Erstattung jenseits der Beihilfeleistungen erlangen sollen (was im Grunde auch nicht unvernünftig ist). Unter Verweis auf diese Doppelmoral wurden bereits Versicherer gerichtlich in ihre Schranken verwiesen und zur Auszahlung von unberechtigt einbehaltenen Erstattungsanteilen verurteilt.

Sie werden hoffentlich verstehen, dass wir diese nicht hier im Internet veröffentlichen möchten, insbesondere da wir diese Zeilen nicht allein in eigenem Namen, sondern stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen ins Netz gestellt haben, deren Privatpatienten ebenfalls Probleme mit der Zahlungsmoral ihrer Versicherungsgesellschaft haben. Da auch Patienten anderer Praxisbetreiber die Möglichkeit haben (und wie wir aus zuverlässiger Quelle wissen, eifrig nutzen), auf die Informationen unserer Web-Site zurückzugreifen, werden Sie sicher Verständnis dafür haben, dass wir hier keine Zahlen preisgeben möchten, die dann in den Praxen unserer Kolleginnen und Kollegen möglicherweise Fragen nach sie ziehen könnten.

Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen haben wir selbstverständlich einen Preisaushang in unserer Praxis, den Sie jederzeit einsehen können. Verraten möchten wir an dieser Stelle nur, dass wir, obwohl wir unsere Behandlungstermine für Krankengymnastik generell erheblich länger als die von den Krankenkassen vorgeschriebenen 15 Minuten sind, die Möglichkeit zur Berechnung des 2,3-fachen VdAK-Satzes nicht ausschöpfen. Bei jenen Therapieleistungen, die wir als weniger qualifiziert ansehen (z.B. Eisanwendung), berechnen wir sogar nur den 1,0-fachen Kassen-Satz.

Da wir auf unseren Honorarrechnungen nicht nur auf die aktuelle Rechtsprechung, sondern auch auf die erheblich längeren Zeittakte unserer physiotherapeutischen Behandlungen hinweisen, gehen wir davon aus, dass die Krankenversicherungen unserer Patienten unsere Bemühungen begrüßen, die Voraussetzungen für eine möglichst optimale Therapie zu schaffen. Es sollte schließlich gerade im Interesse der Versicherer sein, dass ihren Kunden jede nur denkbare Therapieoptimierung offensteht, um die Rahmenbedingungen für eine möglichst rasche Wiederherstellung der Gesundheit zu schaffen. Letztlich ist es ja gerade dies, was die Versicherer in ihren vollmundigen Werbeslogans als ihren großen Wettbewerbsvorteil gegenüber der gesetzlichen Pflichtversicherung anpreisen.

Betonen möchten wir an dieser Stelle, dass diese Zeilen keinerlei Werbebotschaft für unsere Praxis darstellen sollen. Wir legen großen Wert auf die Feststellung, dass alle Kolleginnen und Kollegen, mit welchen wir einen freundschaftlichen und kollegialen Umgang pflegen – und dies sind wahrhaftig sehr viele im gesamten Bundesgebiet – nach den gleichen therapeutischen Grundsätzen verfahren, wie wir es uns zu eigen gemacht haben!

Auch im Namen meines Teams, herzlichst

      René Becher